…und neigt sich das Jahr dem Ende zu, so rücken automatisch die (un-)heilsbringenden Ergebnisse der Schnitzeljagden der Tester immer näher. So ist dann um dem 10 . November das alljährliche Schaulaufen, des How is How in der Sterneküche angesagt. Wer hat einen bekommen, wem wurde er abgenommen, wer wurde auf das nächste Jahr als Hoffnungsträger vertröstet.
Jeder Koch der was auf sich hält, sagt natürlich, dass er sowas garnicht braucht, ganz im Gegenteil. Es gab auch einige in meinem Umfeld, die würden den sofort wieder zurückgeben bzw. nicht annehmen wollen, da sie sich danach dem exorbitanten Druck des wiederkehrenden Testers ausgesetzt sehen würden, durch den ein unverkrampftes freies Kochen schier nicht mehr möglich sei. Zudem befürchten solche als dann auch noch die Mutation des Gästekreises vom stets zufriedenen aber im übrigen auch wiederkehrenden Genießer hin zum vielleicht finanzkräftigeren aber dadurch auch anspruchsvolleren und zudem leicht durch Kritiker beeinflußbaren Gourmet, der nach einer weiteren nicht so guten Rezension wie eine Karawane weiterzieht. Es ist halt ein Teufelskreis, dem zum Teil Restaurants erlegen sind. Sechs der diesjährigen vom Stern aberkannten 12 Gasthäuser schließen demnächst ihre Pforten oder taten dies bereits. Da heißt es, sich durch zu beißen.
Nicht wenige versuchen den Stern aber gerade deswegen zu ergattern, da das eigene Restaurant auch bezahlt und vor allen Dingen so auch gut beworben werden will. Sterne versprechen neben der Anerkennung mehr Prominenz und deutlichen Umsatzzuwachs. Deswegen galt es dieses Jahr für Tim Raue umso mehr sein neues Restaurant in Kreuzberg spätestens zum 23. August dieses Jahres zu eröffnen, um noch die Kriterien für die Aufname der Führer 2011 zu erfüllen.
Sind denn die ersten Wellen des Guide Michelin abgeflacht, dann geht es auch gleich weiter mit dem Gault Millau, der wenig später mit scharfsinnigen und durchaus polarisierenden und vor allen Dingen ausführlichen Kritiken den Leser einen Eindruck der gastronomischen Dienstleistung des Hauses zu vermitteln versucht. Diese sind oft tiefschneidender Natur und werden vom Fachpersonal so schnell nicht mehr vergessen. Oft entsteht erst nach solchen öffentlichen Denkanstößen der längst überfällige Aktionismus, der des öfteren auch viel zu spät kommt. Paradoxerweise wird der eigentliche Gast mit seinem Einwand hier und da längst nicht so ernst genommen.
Trotzdem bleibt für mich der Gault Millau die bessere Variante, da sein Bewertungssystem genauer ist und auch die sich vom Rest einfach nur leicht abhebende Gastronomie berücksichtigt und nicht nur Prüfer der Lokalitäten für die absolute Oberklasse darstellt.
PS: Es sei mir aber trotzdem gegönnt einem ehemaligen Kollegen Benjamin Schuster aus dem Restaurant „Delice“ für seinen diesjährigen Erfolg und die Auszeichnung mit einem Stern im Guide Michelin zu gratulieren. Du kannst Dir Deiner Neider sicher sein.